Direktzugang für Physiotherapeuten I Interview mit Paul


Wann und wo hast du dein Studium absolviert?

1998 in Heerlen, Hogeschool Zuyd

Wo hast du damals (2006) gearbeitet, wo arbeitest du jetzt?       Was sind aus deiner Sicht positive Aspekte des Direktzugang der Physiotherapie?

Die Entlastung der Hausärzte für alle muskuloskeletale Beschwerden und haltungs- und bewegungsabhängige Beschwerden. Darüber hinaus schärft es die Sinne des Physiotherapeuten adäquat zu screenen und sich selbst zu  hinterfragen, ob der Patient wirklich richtig bei dir als Physiotherapeut ist. Es zwingt uns gute Diagnostik zu betreiben und zu hinterfragen, ob der Verlauf der Beschwerde normal ist.

Was sind aus deiner Sicht mögliche negative Effekte des Direktzugangs der Physiotherapie?

Der Direktzugang steht und fällt mit hochwertiger Ausbildung und Training der Kollegen, die schnell und adäquat       lernen müssen. Die Alarmglocke muss anspringen bei einem „faulem Gefühl“. Es braucht kurze Kommunikation mit dem Hausarzt und ist sehr wichtig, bei Zweifeln mit Argumenten zurück zu schicken. Wenn dies zu Unrecht 

     und oft falsch passiert ergibt es Mehrarbeit für Hausärzte.

Wie hast du den Aufwand der Nachschulung 2006 erfahren

Die Nachschulung habe ich als gute Einführung erfahren, aber nicht ausreichend. Erst nach meinem Master in 

Manueller Therapie habe ich das Gefühl gehabt den guten Tiefgang zu haben. Dann habe ich den Ernst des

Themas und die Intensität vollständig begriffen. Es wurden pro Körperregion sehr nachdrücklich rote Flaggen 

besprochen. Durch den Direktzugang nimmt die Verantwortung enorm zu im Physiotherapeutisch methodisch

Handeln. Du musst kritisch beurteilen, ob der Patient bei dir an der richtigen Stelle ist.

Was wurde in der Nachschulung gelehrt

Vor allem das Prozedere des Screenens, allerdings bin ich in einem Rehazentrum tätig und habe diese nicht praktiziert.

Hast du dich nach der Nachschulung sicher gefühlt zu Screenen?

Damals hat der Kurs mir nicht ausreichend Tiefgang gegeben und mir nicht genug Sicherheit vermittelt, um mit voller Verantwortung Patienten zu empfangen

Hast du nach der Einführung des Direktzugangs Änderungen im Gesundheitssystem wahrgenommen und wenn ja welche waren das?

Ich denke, dass es eine Entlastung der Hausärzte gab. Zudem ist die Schwelle niedriger zu einem*r

Physiotherapeut*in zu gehen.

Wie haben die Patienten auf die Möglichkeit des Direktzugangs reagiert? Wie tun sie es nun, 15 Jahre später?

Könntest du dir vorstellen wieder ohne Direktzugang zu arbeiten?

Ich selbst habe zu wenig Einsicht auf dieses Thema. Wenn ich Menschen rate vom Direktzugang Gebrauch zu

machen, geben diese an, es angenehm zu finden, nicht erst zum Hausarzt gehen zu müssen. Ich denke die   Schwelle ist niedriger, das Hilfsangebot von „peripheren Physiotherapeut“ in Anspruch zu nehmen. Mittlerweile ist es so weit eingebürgert, dass es einen deutlichen Mehrwert hat.

Wie ist die interdisziplinäre Kommunikation mit anderen Heilmittelerbringern und Ärzten (organisatorisch, persönlich

In meinem Arbeitsumfeld läuft die Kommunikation ohne Probleme. Ich bin davon überzeugt, dass die Effektivität 

vom Direktzugang stark abhängt von kurzen Wegen der Kommunikation. Wenn Du als Physiotherapeut qualitativ      gut screenst und dich bei klinischer Unsicherheit (faulem Gefühl) mit Argumenten kurzschließen kannst, zeigst du,

     dass du eine gute Kollegin bist.  

                                                                                                                                        (Das Interview führte Linda, auf niederländisch, "Danke Linda")


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